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CfP: Fragile Lifelines: Organized Refugee Transportation and Rescue Missions, 1930-2010

15.06.25

Potsdam, 6.-7.11.2025
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) und Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien (MMZ)
Organisation: Julia Kleinschmidt und Carolin Liebisch-Gümüş

„Operation Safe Haven“, „Operation Wings of Eagles“ oder gar „Operation Moses“ – bereits die Namen deuten darauf hin, dass Luft- und Seebrücken sowie andere Rettungsmissionen für Verfolgte oft mit spektakulären und heroischen Narrativen einhergehen. Tatsächlich erscheinen organisierte Flüchtlingstransporte für die Betroffenen als Glücksfall – nicht zuletzt, weil sie im Unterschied zur individuellen Flucht, die in der Geschichte des 20. Jahrhunderts meist mit strapaziösen, gefährlichen Routen verbunden war, als inklusiver, sicherer und weniger beschwerlich gelten. Außerdem reagierten die Zielstaaten hier, anders als das bei individueller Flucht oftmals der Fall war, nicht mit einer Abwehrhaltung, sondern nahmen bereitwillig eine bestimmte Zahl von Menschen auf.

Die Tagung „Fragile Lifelines: Organized Refugee Transportation and Rescue Missions, 1930-2010“ hinterfragt solche Erfolgsnarrative und impliziten Annahmen kritisch. Sie bringt vielfältige empirische Perspektiven auf die Geschichte organisierter Flüchtlingstransporte im 20. Jahrhundert zusammen und lässt sich von den Mobility Studies inspirieren, wo aktuelle Forschungsansätze die politischen und kulturellen Dimensionen von Migrationsrouten, Transportinfrastrukturen und Evakuierungsmaßnahmen betonen (Peter Adey 2024; William Walters/Charles Heller/Lorenzo Pezzani 2022).

Im Vergleich zur Geschichte individueller Flucht, die meist im Fokus der historischen Flucht- und Migrationsforschung steht, sind organisierte Transporte bisher seltener und vor allem kaum vergleichend oder in ihrer Zusammenschau betrachtet worden. Wir interessieren uns für unterschiedliche Fälle von Luft-, Seebrücken und Überlandtransporten von der Zwischenkriegszeit bis in die jüngste Zeitgeschichte. Für unbekannte, kleinere Missionen ebenso wie für großangelegte Operationen, die in die öffentliche Erinnerung eingegangen sind: Zu denken wäre etwa an die Kindertransporte im Nationalsozialismus, die Berliner Luftbrücke, das Resettlement von Displaced Persons in der Nachkriegszeit, die „Operation Safe Haven“ infolge des Ungarischen Volksaufstands 1957, die vielfältigen Luftbrücken im Zuge der Alija und der jüdischen Einwanderung nach Israel, die „Operation Frequent Wind“ in Saigon 1975, die Schiffe „Cap Anamur“ und „L’Ile de Lumière“ im Südchinesischen Meer und viele weitere Rettungsaktionen. Unser Interesse liegt nicht auf der reinen Ereignisgeschichte, sondern auf kontextuellen Zusammenhängen – wobei sowohl die unmittelbaren Konflikt- und Gewaltkontexte als auch größere Transformationen berücksichtigt werden sollten, etwa im Zusammenhang mit Faschismus und Nationalsozialismus, dem Kalten Krieg, Dekolonisation, Staatenbildung und dem Zerfall der UdSSR. Besonders relevant sind für uns Ansätze, die Mobilität, Verkehrsmittel, Routen und infrastrukturelle Aspekte in den Vordergrund rücken, sowie Analysen zu Politiken, Ökonomien, kulturellen Repräsentationen und sozialen Konstellationen von Flüchtlingstransporten. Dabei interessieren uns insbesondere Fragen von Ein- und Ausschlüssen, ungleichen Mobilitäten und mobility justice (Mimi Sheller 2018).

Mit dem Fokus auf Transport, Infrastrukturen und Reisewege ist die Tagung am Schnittpunkt von historischer Fluchtforschung, der Geschichte des Humanitarismus und Mobility Studies angesiedelt. 

Mögliche Themen und Fragekomplexe sind zum Beispiel:

Transport, Logistik und Wege

  • Wo lagen Chancen und Herausforderungen der humanitären Nutzung von Transportmitteln und Verkehrsinfrastrukturen wie Schiffen, Flugzeugen, Eisenbahnen und Konvois? Welche Auswirkungen haben dabei (verkehrs-)technische Logiken und Abläufe?
  • Welche Rolle spielten Ausgangs- und Ankunftsorte sowie Transitorte wie Lager, Flughäfen, Bahnhöfe oder Seehäfen als Teil der Rettungsinfrastruktur? Inwiefern wurden hier Menschen „sortiert“, privilegiert, ausgewählt, ausgeschlossen und/oder in verschiedene Richtungen geleitet?
  • Wo und wann endeten Flüchtlingstransporte und in welche Situation hinterließen sie die Geretteten?

Politiken, Pläne und Diplomatie

  • Wie und von wem wurden Rettungsmissionen und Resettlement-Transporte geplant? Wessen Vorstellungen, Interessen und womöglich Vorurteile finden Eingang in die Pläne? Wer oder was bleibt gegebenenfalls außen vor und wird nicht mitberücksichtigt?
  • Transnationale Transporte erfordern Diplomatie: Wessen Interessen setzten sich dabei durch und wo entstehen Konflikte? Wie gestaltet sich das Verhältnis zwischen den Herkunfts-, Transit-, und Aufnahmestaaten und welchen Einfluss haben IOs, NGOs, religiöse Institutionen und Hilfsvereine?
  • In welchem Verhältnis stehen organisierte Flüchtlingstransporte zu individuellen Fluchtbewegungen? Inwiefern sind Überschneidungen und Unterscheidungen politisch relevant?
  • Welche Rolle spielen Freiwilligkeit und Zwang und inwiefern gibt es verschwommene Grenzen zwischen Rettungsmissionen und Zwangsumsiedlungen/Bevölkerungstransfers, die sich auch hinter der in dieser Hinsicht neutralen Terminologie des „Resettlement“ verbergen?
  • Wann, warum und mit welchen Folgen scheitern Missionen?

Akteure, Interaktionen und Agency

  • Welche Akteure waren in die Organisation von  Rettungsoperationen eingebunden und inwiefern verfügten neben staatlichen und militärischen Stellen, IOs und NGOs auch private Unternehmen wie beispielsweise Reedereien, Airlines und Flughafenbetreiber über Einfluss?
  • Welche sozialen Dynamiken und Folgen ergeben sich innerhalb der Akteurskonstellation – insbesondere in Bezug auf Prozesse von Inklusion und Exklusion, Hierarchien und Diskriminierung, Selbst- und Fremdbilder, Erwartungshaltungen, Voreingenommenheiten und Emotionen? Inwiefern sind dabei Faktoren wie Alter, Geschlecht, Behinderung/Fitness, sozioökonomische Lage, Herkunft und Sprache der Flüchtenden bedeutende Faktoren?
  • Inwiefern mussten die Betroffenen trotz organisierter Hilfe Hürden und Grenzen navigieren – sei es durch bürokratische Vorgaben, infrastrukturelle Engpässe oder politische und gesellschaftliche Widerstände?
  • Inwiefern waren die „Geretteten“ nicht nur Empfänger*innen von Hilfe, sondern auch eigenständig handelnde und wirkmächtige Akteure – etwa indem sie sich Zugang zu Transporten verschafften, von geplanten Abläufen abweichen oder diese sogar verweigern?

Erinnerung, Ästhetik und Mythos

  • Wie werden Rettungsaktionen in der Öffentlichkeit wahrgenommen und erinnert? Inwiefern spielt dabei die Unterscheidung zwischen „gewollten/guten/deserving“ und „ungewollten“ Flüchtlingen eine Rolle?  Welche werden als erfolgreich empfunden oder beschrieben?
  • Auf welche Weise werden Rettungsaktionen inszeniert, ästhetisiert und mythologisiert? Welche Funktion erfüllen entsprechende Bilder und Narrative, beispielsweise in der Nationsbildung oder als Ausdruck systemischer Konkurrenz? Wie stehen Erfolgserzählungen der Rettung im Verhältnis zu weniger positiv besetzten Prozessen von Aufnahme und Integration?

Wie freuen uns über die Einreichung eines Abstracts (400-600 Wörter, deutsch- oder englischsprachig) sowie eines kurzen Lebenslaufs (200 Wörter, deutsch- oder englischsprachig) bis zum 15. Juni 2025 an carolin.liebisch@zzf-potsdam.de oder julia.kleinschmidt@uni-potsdam.de. Die Zu- bzw. Absagen erfolgen bis zum 1. Juli. Die Vorträge sollten auf 15 Minuten begrenzt sein, damit viel Zeit für Diskussionen bleibt. Konferenzsprache ist Englisch, einzelne Vorträge können ggf. auf Deutsch gehalten werden.  

Die Hotelübernachtungen werden durch die Organisatorinnen gebucht und übernommen. Die Anreise erfolgt in Eigenregie. Falls erforderlich, können die Reisekosten von den Organisatorinnen bezuschusst werden.

CfP Fragile Lifelines
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